Schlaflosgedanke

Aufwachen vom Konzert der Vogelstimmen, draußen im Dunkelgrau des Morgens. Dem neuen Tag entgegenspüren, mit allen Sinnen. Die frühe Stille der sonst laut gewordenen Welt fast mit Händen greifen können.…

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Die Farben des Regenbogens

Regenbogenfunken ©HeikeRost.com - Alle Rechte vorbehalten.

Eine Sommergeschichte, es ist schon lange her: Unterwegs mit meiner preußischen Großmutter war ich damals, im Odenwald, ein Kindheitserinnerungsort voller Apfelduft, mit Pilzen und Walderdbeeren, mit Heidelbeeren, barfuß im Gras. Wir gerieten beim Spaziergang in einen ordentlichen Platzregen, offenbar ein Gewitterausläufer. Kamen lachend aus dem Wald gestolpert, durchnässt bis auf die Haut und standen staunend in der großen Wiese am Ende des Wegs. Dort, wo man den weitesten Blick übers Tal hat. Genau den Blick, der auch Herz und Seele weit macht, die Gedanken öffnet und den Kopf befreit für Neues. Der Himmel klarte plötzlich auf zu strahlendem Blau mit ein paar dunklen Wolken und einem so klaren, messerscharfen Licht wie nur an wenigen Tagen im Jahr, meistens nach einem kräftigen Regenguß. Und direkt vor uns: ein perfekter, leuchtender Regenbogen. Doppelt, minutenlang.

Meine Großmutter, die mir bis knapp unter die Schulter reichte, (mehr …)

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Notizen von unterwegs: Mountainbike reloaded

Unterwegs ©HeikeRost.com 15.5.2015 - Alle Rechte vorbehalten.
Wer viel auf zwei Rädern unterwegs ist, kennt manche leidige Problemen von Fahrradfahrern; nach der letzten, längeren Tour über rund 63 Kilometer hat es mich auch erwischt – tauber Ring- und kleiner Finger an der linken Hand. Was kurzfristig zu Scherben in der Küche dank mangelndem Griffgefühl, zu unangenehmem Ziepen und pelzigen Kribbeln in der Hand führte, hatte eine simple Ursache: Runde Seriengriffe am Mountainbike und eine Fehlhaltung der abgeknickten Handgelenke beim Radeln. Eine Reizung des Mittelhandnervs dank dieser völlig unergonomischen Belastung, die sich bei Nichtbeachtung schnell auch zu größerem Übel auswachsen kann. Eine Umfrage unter meinen radsportaffinen Facebook-Freunden ergab den ultimativen Tipp: Ergonomische Fahrradgriffe. Versprochen ist versprochen, hier der kurze Erfahrungsbericht für die Interessierten, die im Sozialen Netz nachgefragt haben, wie’s denn so ist mit den Teilen. (Es ist klasse – und hat nichts, absolut gar nichts mit »Ausrüstungshooligan« zu tun.)

Der Fahrradhändler meines Vertrauens half mit sachkundigem Rat und vor allem den nötigen Teilen weiter, die erste kurze Testrunde und umso mehr die nächste längere Strecke haben mich komplett verblüfft. Die Auflageflächen unter den Handflächen stützen und verhindern so zuverlässig (mehr …)

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Über das Vergnügen an Briefen

Briefe schreiben ist eine Freude eigener Art. Nichts daran ist für mich altmodisch: Nicht elegantes Schreibwerkzeug, nicht feines Papier, das unter den Fingern raschelt und knistert, dessen Unebenheiten und Hadern im geschöpften Material das Handwerk sichtbar machen. So wie das Schreiben an sich nicht nur Kopf-Werk, sondern auch Hand-Werk ist: Gedanken sortieren, auswählen – und fließen lassen. Nachdenklich über Formulierungen sinnieren, über Satzstrukturen, Wortwahl und Sprachjonglage. Worte statt Wörter finden, aneinander reihen wie Perlen auf eine Kette. Mal mit Füllfederhalter, ab und an mit Gänsefedern oder metallenen Federn im Federhalter schreiben, mit Tintenfass und Tinte in unterschiedlichen Farben. So wird jeder Brief ein Unikat, ein Zeichen der Zuneigung und Wertschätzung für den Menschen, an den er adressiert ist. Bisweilen lege ich Kleinigkeiten dazu, eine bunte Vogelfeder, ein Blatt, eine getrocknete Blüte. So wie damals, als ich umgeben von Kollegen in einem Konferenzzentrum saß. Hektisches Hacken und Tippen auf Laptop-Tastaturen um mich herum; und eine Menge entgeisterter Blicke, als ich zwischendrin ein paar Bogen handgeschöpftes Papier, ein Tintenfässchen und eine Schreibfeder samt Federhalter auspackte, um in aller Seelenruhe einen Geburtstagsbrief an einen Freund aus Kindertagen zu verfassen.

Manche Persönlichkeit der Geschichte sehe ich vor mir, in Gedanken. Stelle sie mir gerne beim Verfassen ihrer Briefe vor, an einem Lieblingsplatz sitzend, vielleicht so wie ich eine Kaffeetasse oder die Teekanne in Reichweite. Sinnierend und denkend wie Voltaire, der viele (mehr …)

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Über heimliche Laster und seltsame Komplimente

Haustürsprüche meines Lieblingspostboten: »Wenn ich Ihnen Päckchen mit Computerteilen bringe, kriegen Sie immer genauso glänzende Augen wie meine Frau im Schuhladen!« Recht hat er und das gleich in doppelter Hinsicht; denn mit meiner Schuhgröße sehen selbst die edelsten Teile hipper Schuhdesigner nicht mehr sonderlich elegant aus – sofern sie überhaupt zu haben oder erschwinglich sind. Offenbar habe ich die Verteilung der Attribute »klein« und »niedlich« glatt verschlafen oder war abwesend; was sich beileibe nicht nur auf meine großen Füße, sondern auch die restlichen 182 cm der »Lichtmalerin« bezieht. Nun gut, ich hab halt andere Laster. Irgendwie ist das wie früher in Kindergarten und Grundschule: Schon damals war ich lieber damit beschäftigt, mich herzhaft mit meinen Kumpels zu raufen, auf Apfelbäume zu klettern und mit Hammer, Säge und Schraubenzieher bewaffnet allem zu Leibe zu rücken, was sich auseinander nehmen und wieder zusammenbauen ließ. Nie blieben Teile übrig. Puppen? Ach herrjeh, Fehlanzeige. Mädchengedöns von Gummitwist über Handarbeitskurs bis »Kuchenbacken« in der Sandkiste? Gähnend langweilig für mich.

Also lieber eine Werkzeugkiste in passabler Größe, mit gut sortiertem Inhalt. Deren Anschaffung verblüffte übrigens weiland den großartigen Hans Dieter Hüsch am Rande eines gemeinsamen Fototermins ganz ungemein: Mein Blick schweifte beim Frühstück an ihm vorbei, blieb am Baumarkt in der Nachbarschaft des Hotels hängen. Flugs entschuldigte ich mich für fünfzehn Minuten, um (mehr …)

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Notizen über Sprache und Bilder

Die Welt der Bilder für mich immer eng mit Sprache verknüpft, ebenso mit anderen Sinnesebenen: Gerüche, Klänge, Erlebtes, Er-lesenes und Erinnertes formen meine Wahrnehmung, mein Sehen. Der Rhythmus mancher architektonischer Linienführung lässt mich in Gedanken Musik hören, manchmal auch einzelne Farbtupfer in monochromer Umgebung: Zwischen Bach und Keith Jarrett ein Kontrapunkt – aus einem einzelnen rotgefärbten Blatt, das sich zwischen Ranken und Graffiti dem Winter verweigert. Eine Reihung von Bögen an einem Gebäude der Renaissance, unterbrochen von Ornamenten, endet in den klaren Linien eines Portals; Bilder, wie zusammengefügt aus Kadenzen und Trillern, mit Schlussakkord und Paukenschlag.

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Am Tag vor den Anschlägen auf Charlie Hebdo und den Supermarkt aus Paris zurückgekehrt, begann ich kurz danach, Michel Houellebecqs Roman »Unterwerfung« zu lesen. 50 Seiten zähen Einstiegs und einige Zweifel später versank ich in dem Werk wie schon länger nicht mehr in Literatur. Gefesselt von Parallelwelten, Gedankenmäandern und Querverweisen, wie ich sie liebe, ob in Büchern oder in Konversationen: »Dieses Buch hat Krallen« hätte Kafka dazu sagen können; durch den präzisen Blick des Autors vor dem inneren Auge entstanden, begleiten einen manche Gedankenbilder für längere Zeit. Selbst dann, wenn das Buch schon wieder im Regal steht, wandern die Gedanken zurück, sammeln Schnipsel und Versatzstücke ein, kombinieren, puzzlen, erkennen und bewerten neu. (mehr …)

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Es gibt Tage …

… an denen muss man Abscheu und Angewidertsein einfach in die Tasten hacken: Weil manche Berichte über Angriffe auf Journalisten und insbesondere Fotografen der berühmte »Tropfen zuviel« sind. Ein Kollege in Berlin, dessen Porträt auf Plakaten und Facebook-Seiten rechter Gruppierungen auftaucht – und dessen Auto kurz darauf abgefackelt wird. Ein anderer Kollege, der am Rande der Legida-Demonstration angegriffen wird – und dessen Kameraausrüstung zerstört wird. Ein Foto, entstanden während der Demonstration, zeigt eine regelrechte Jagdszene. Keine Einzelfälle, schon länger nicht mehr; dennoch im Kontext der »Lügen-Presse«-Debatten und des weit verbreiteten Journalisten-Bashings Symptom eines Klimas, das mir viele vergrabene Erinnerungen zurückbringt.

Berlin, 1987/88: Damals unterwegs als Bildjournalistin, mit den ersten Jobs während und nach der Ausbildung. In der Hausbesetzer-Szene, bei Demonstrationen, die sich hochschaukelten. Übergriffe von linksautonomen Gruppen und Vertretern des »Schwarzen Blocks«, auf Polizei und Fotografen. Nur knapp hat mich seinerzeit ein vom Dach geworfener Molotow-Cocktail verfehlt, der eigentlich einem Polizisten galt. Pflastersteine von Demonstranten, auf Polizisten und Fotografen. Polizisten, die mit Schlagstöcken, Tränengas und Wasserwerfen gegen Demonstranten vorgehen. Bildjournalisten? Entweder bedauerliche Kollateralschäden oder ebenso im Visier der Ordnungshüter: Filme und Kameras waren begehrt, ob bei Demonstranten oder Polizei, zerstören oder beschlagnahmen zwecks Beweissicherung. Noch heute sind manche Straßen in Kreuzberg, die längst bunt und fröhlich sind, Orte, die ich ungern besuche. Wegen der Bilder im Kopf, die ich mit mir trage. (mehr …)

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Sainte Victoire und das Licht

Als meine Leidenschaft für Photographie begann, war ich unterwegs in die Provence. Bevor die Autobahn wieder bergab führt Richtung Nîmes, hielt ich auf der Kuppe des letzten Hügels an. Versunken in die Aussicht, für eine ganze Weile, atemlos schweigend: Der Blick schweift über die Ebene und bis fast zum Meer. Man ahnt es im Dunst am Horizont, sehen kann man es noch nicht. Lichtdurchflutet, in unwirklicher Klarheit, ist jedes Detail der Landschaft zum Greifen nah. Ein überwältigendes Panorama…

Sehen, schauen, erleben, unzählige Male gemalt, immer wieder neu und überraschend sind die Werke der vielen Künstler, jedes einzelne ihrer Gemälde ein Porträt – des Lichts. Die kahlen Felsen von Les Baux, der künstlichen Ruinenstadt: Wenn man sich (mehr …)

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