Dies und das und sowieso

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Künftig wird es hier im Blog wieder mehr Leben geben. Nicht zuletzt, weil ich mittlerweile »social müde« bin, was die Plattformen des Sozialen Netzes angeht. Too much information ist nicht das Problem – eher eine Kombination aus Drehzahl (schon länger), aus Aggression, Fehlinformationen, so beeindruckenden wie irritierenden Veränderungen bei vielen Kontakten in diesen Netzwerken: Plötzlich verbreiten sehr geschätzte berufliche wie private Profile eine Menge Unfug. Das fängt bei sinnbefreiten Kettenbriefen an, geht mit »alternativen Fakten« aus zweifelhaften, nicht näher überprüften Quellen weiter und endet noch lange nicht bei unhinterfragt geteilten Memes und »Infos« aus merkwürdiger politischer Richtung.

Allerhöchste Zeit also, sich wieder mehr den eigenen Möglichkeiten und Plattformen zu widmen. Mit Notizen, Geschichten, Fundstücken von unterwegs. Mit Puzzlestücken aus Recherchen zu eigenen Projekten, mit Texten (ja, ich schreibe derzeit wieder mehr und habe ganz unglaublich Freude daran) und Verweisen auf berufliche Projekte.

Eins der aktuellen beruflichen Projekte war und ist mir Ehre, Vergnügen und große Freude: Anfang Mai habe ich das Live-Blog der DIVE’25 des Deutschen Designtags begleitet. Sozusagen zurück zu den Wurzeln, denn vor der Pandemie habe ich über mehrere Jahre die Konferenzen zum Thema Editorial Design in München mit solchen Live-Blogs unterstützt. Diesmal war es die mehrtägige Design-Fachkonferenz in München, mit so informativen wie spannenden Beiträgen rund um verschiedene Aspekte professioneller Gestaltung.

Mit berührenden, intensiven, inspirierenden Momenten wie dem Beitrag von Thilo von Debschitz über »Het Onderwater Cabaret«, der sich der Lebensgeschichte, dem handschriftlichen Magazin und den Gedichten von Curt Bloch widmet, einem jüdischen Emigranten in den Niederlanden. Eine beeindruckende Website dazu gibt es hier. (Danke, Thilo: Für den Anschubser, mit meinem eigenen Projekt weiterzumachen.)

Mit Begegnungen, ob mit bekannten oder neuen Kontakten, die Bereicherung, Blick über den Tellerrand, Input für die grauen Zellen und Funkensprühen in den Gehirnzellen waren,  denen die Leidenschaft fürs Tun gemeinsam war, die innere Überzeugung, die Motivation für unser kreatives Arbeiten ist, allen Schwierigkeiten zum Trotz. Mit Augenblicken, die hängenbleiben: Ein Gespräch über die VOGUE-Titelproduktion mit Margot Friedländer, währenddessen die Nachricht von ihrem Tod eintrifft. Mit einer Schweigeminute für eine der letzten Augenzeuginnen des Holocaust, bei der ein von Hunderten besuchter Veranstaltungsort plötzlich still wird. So still, dass man nur die Atemzüge der Anwesenden hört.

Mit Zufällen, die ich eigentlich gar nicht als Zufall, sondern als glückliche Fügung bezeichnen möchte: Intensive Kontakte zu Historikerinnen und Historikern, auf der Suche nach Spuren der Familie Zerkowski/Grünebaum, die bis auf Herbert und Grete in den Konzentrationslagern der Nazis komplett ausgelöscht wurde. Herbert, einer der engsten Jugendfreunde meiner Großmutter, hat in der Emigration in Großbritannien überlebt, seine Schwester Margarete (genannt Grete), in den USA.

Dank dieser Kontakte haben sich weitere Details ergeben und finden lassen: Ein Familienfoto mit Mitarbeiter·innen, das dritte Foto außer den beiden Porträts eines Neffen. Eine Querverbindung nach Gotha/Thüringen, ein Zufallsfund in den Untiefen des Arolsen Archivs, eine weitere Spur des jüngsten Neffen, der offenbar versuchte, aus Auschwitz zu flüchten und von dort ins KZ Buchenwald verlegt wurde. Einsichten in Archivbestände, die nicht nur offenbaren, dass 80 Jahre nach der Befreiung der Überlebenden aus den Vernichtungslagern der Nazis viele Unterlagen entweder noch nicht oder in unzureichender Form digitalisiert und schon gar nicht miteinander verknüpft sind. Eine handschriftliche Postkarte von Herberts Schwester Frieda, die weiterer Ausgangspunkt für Recherchen ist.

Unterlagen, die auch Einblicke in die Tatsache liefern, dass mit dem Ende des Dritten Reichs die Geschichte des Faschismus in Deutschland mitnichten beendet war: Ein feierlicher Empfang einer Universität, der einem in den Nürnberger Prozessen verurteilten Massenmörder galt – und ebenso ein Briefwechsel mit einer Überlebenden, die sich um die Auszahlung einer Wiedergutmachung bemühte. Sie wurde abgelehnt, weil die Ermordeten ihrer Familie lediglich für tot erklärt wurden und es keine Sterbeurkunde gab.

In diesem Blog wird es übrigens kaum bis keine Bilder geben. Meine berufliche Arbeit als Fotografin zeige ich nach wie vor auf meiner Website HeikeRost.com und manche Geschichten zu den Bildern im dortigen Blog.

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